Hook

Orgel

Die Herkunft

Berlin verlor in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg die meisten seiner Orgeln. Daher gab es kein größeres Instrument mit Schleifladen und mechanischer Traktur mehr, auf dem Werke der Früh- und Hochromantik angemessen interpretiert werden konnten.
Im Sommer 1991 bot sich eine außergewöhnlich günstige Gelegenheit: In Woburn bei Boston stand das Instrument der First Unitarian Church der Orgelbauer E. & G. G. HOOK aus dem Jahre 1870 zum Verkauf. Die Gemeinde war fast ausgestorben, so dass Kirche und Inventar verkauft werden sollten.

 

Das Instrument wurde abgebaut und über Boston und Hamburg nach Berlin gebracht. Dort wurde es eingelagert, bis die Wiederaufstellung und Finanzierung der Restaurierung geklärt waren.

 

 

Die Hook-Orgel in ihrer neuen Umgebung


Die Orgel aus Woburn ist eine der klangschönsten, die es gibt. Die Wärme der Grundstimmen und die Brillanz der Mixturen und Zungenstimmen bilden eine unverwechselbare Einheit. Werke des Spätbarock bis hin zu Kompositionen der Spätromantik lassen sich sehr gut darstellen. Optimal ist die Orgel für Werke der Früh- und Hochromantik geeignet.

 

Das Instrument war vor dem Abbau voll spielbar, befand sich aber in einem schlechten Zustand. Pfeifen waren beschädigt und die oberen Pfeifenränder durch das Stimmen stark beschädigt. Die Holzpfeifen und Windladen waren ausgetrocknet und zum Teil gerissen. Die akustischen Verhältnisse in Woburn waren ungünstig: Die Wände und Decke der Holzkirche, die Teppiche und Vorhänge sowie Sitzkissen verhinderten jeglichen Nachhall. Durch die Einengung des Instrumentes in der Nische konnte sich das Instrument nicht entfalten.
Die Orgelbauer versuchten dieser Sachlage durch weite Mensuren und kräftige Intonation entgegenzuwirken. Andere Orgeln der Firma Hook haben ein eigenes Gehäuse oder sprechen offen in den Raum.
Die Situation in Woburn ist ungewöhnlich; eine „normale“ Raumsituation hätte den Orgelbauer sicher zu einer anderen Lösung veranlasst. Dennoch ist das Instrument „klassisch“ in der Anordnung seiner Manualwerke Great, Solo (Choir) und Swell und ist typisch für die Orgelbautradition in Neu England.

 

Die Heilig-Kreuz-Kirche, ein neugotisches Bauwerk von Johannes Otzen von 1885-1888, war nach einem innovativen Umbau ohne Orgel. Die Kirchengemeinde erwarb die historische Orgel, plante eine neue Prospektfront und projektierte die erforderlich gewordene Restaurierung.

 

Der Auftrag für eine Instandsetzung ging an die Firma Hermann Eule Orgelbau in Bautzen. Die beiden Doppelfaltenbälge und die Barker-Maschine wurden neu beledert; ein elektrisches Gebläse mit Vorbalg neu angeschlossen. Die Risse im Ventilbereich der Windladen wurden ausgespant, wie auch zahlreiche Transportschäden an der Mechanik zu reparieren waren.

 

Die Neugestaltung des Prospektes orientierte sich an der V-Form des Windladenaufbaus. Der alte Prospekt füllte die Nischenöffnung in Woburn aus, hatte aber keinen Bezug zum Windladenaufbau. In der Heilig-Kreuz-Kirche bot sich eine Neuordnung an, in die auch die vier wegen mangelnder Höhe als gedeckte Holzpfeifen ausgeführten tiefsten Pfeifen C bis Ds des Double Open Diapason 16´ einbezogen wurden: diese Pfeifen wurden neu gebaut. Die Holzpfeifen wurden im Innern der Orgel eingelagert. Die beiden Seitenfelder der Orgel mussten neu gebaut werden, damit die Balganlage auf der rechten und eine Windlade auf der linken Seite verdeckt werden konnten. Der Unterbau in der Mitte der Orgel ist alt, ebenso der original erhaltene Spieltisch.

 

Bei der Restaurierung der Prospektpfeifen wurde die nicht originale Goldbronzierung abgetragen, die im neuen architektonischen Kontext nicht beibehalten werden konnte. Dabei wurden die Konturen der originalen Ornamentierung freigelegt.

 

Text von Prof. Dr. Uwe Pape

Great

(II, C-a3, eine Windlade)

 

Dble. Open Diapason 16´
Open Diapason 8′

Viola da Gamba 8´

Viol d’Amour 8´

Doppel Floete 8´

Flauto Traverso 4´

Principal 4´

Twelfth 2 2/3´

Fifteenth 2´

Mixture 3 ranks 2´

Acuta 3 ranks 1´

Trumpet 8´




 

Swell

(III, C-a3, eine Windlade)

 

Bourdon Treble 16´

Bourdon Bass 16´

Open Diapason 8´

Std. Diapason 8′

Aeoline 8´

Salicional 8´

Flute Harmonique 4´

Principal 4´

Flageolet 2´

Cornet 3 ranks 2 2/3´

Vox humana 8´

Cornopean 8´
Oboe 8´
Tremulant

Solo

(I, C-a3, eine Windlade)

 

Lieblich Gedackt 16´

Geigen Principal 8´

Dulciana 8´

Melodia 8´

Violin Principal 4´

Flute d’Amour 4´

Picolo 2´

Clarionet 8´

Carillions 2´

Tremulant

Pedal

(C-fl, flache Klaviatur, drei Windladen)

 

Dble. Open Diapason 16´

Violone 16´

Dble. Dulciana 16´

Quint 10 2/3´

Violoncello 8´

Principal 8´

neu ab 2022: Trombone 16′

 

Das Solo steht hinter dem Great, das Swell steht über dem Solo.
Das „Carrillion” ist vermutlich das älteste Schlagzeug-Register der USA.
Das Pedalwerk hat keine gekröpften Pfeifen.

 

Zwei Magazinbälge.
Barker-Druckschalter „On“ and „Off“ unterhalb des Swell Manuals:
Great to pneumatic (Barker für Great),
Swell to pneumatic (Barker für Swell an Great),
Solo to pneumatic (Barker für Solo an Great)

 

Mechanische Koppeln:
Swell an Solo, Great an Pedal, Swell an Pedal, Solo an Pedal

 

Tritte ohne Beschriftung:
Swell Forte (alle Register ohne Vox humana)
Swell Piano (alle 8´-Labiale und Flöte 4´)
Great Forte (alle Register ohne Mixturen und Trompete)
Great Piano (Viola da Gamba, Viol d´Amour, Doppelflöte, Flöte 4´)
Pedalventil (alle Register ohne Violone und Double Dulciana)
Great an Pedal (an/ab)

 

Schwelltritt zum Einhaken, doppelte horizontale Jalousien,
Schwellanzeige über der Klaviatur.
Pedalsperre, Balgsignal, Balganzeige über der Klaviatur

 

Kontakt über Johannes Stolte: johannes.stolte@kght.de